
Wie sieht es mit dem CO2-Fußabdruck der Kunstindustrie aus? Und wie kann mit Ressourcen effizienter gearbeitet werden? Hessians drei Beispiele zeigen, wie Kunst nachhaltiger sein kann.
Autor: Antonia Troschke
Das Ende einer Kunstausstellung ist weniger attraktiv als ihre Eröffnung: Gemälde und Skulpturen werden meist abgebaut und verpackt, Credits fliegen um die Welt, es gibt keine Trennwände und Flyer mit Besucherinformationen werden fertig. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft spielten lange Zeit keine zentrale Rolle.
Gleichzeitig nehmen Künstler und Museen zunehmend Verantwortung wahr und versuchen, den Kunstbetrieb – vom Schaffensprozess bis zum Ende der Ausstellung – ressourceneffizienter zu gestalten. hessenschau.de stellt drei Ansätze vor.
Der Künstler Felix Breidenbach stellt seine eigenen Materialien her

Felix Breidenbach, bekannt als X Breidenbach, sagt über seine Kunst: „Ich habe aufgehört, das zu tun, was ich früher getan habe.“ Zunächst versuchte er, sich auf den persönlichen Konsum zu beschränken, merkte aber schließlich, dass er seine Kunst nicht davon trennen konnte.
Daraufhin habe er seinen Stil radikal verändert, sagt der Konzeptkünstler. So verbot er zum Beispiel die klassische Malerei auf Leinwand, der Verbrauch von Wasser und Energie für die Herstellung von Leinwand ist zu hoch.
Außerdem wollte er die Gewinnung von Pigmenten für die Farbherstellung nicht mehr unterstützen. „Viele Pigmente werden unter fragwürdigen Bedingungen gewonnen“, erklärt Breidenbach. Im Sudan beispielsweise arbeiten Arbeiter in Minen unter meist unmenschlichen Bedingungen für sehr wenig Geld.
Fast keine Altpapierkunst

Stattdessen stellt nun Papier die Basis seiner Arbeit dar. In seinem Atelier in Offenbach stellt Breidenbach aus altem gespendetem Papier neues Papier her. Ein Konzeptkünstler klebt Strukturpapier zu großflächigen Formaten zusammen. „Ich arbeite mit Material, das unglaublich recycelbar ist“, sagt er. “Es ist ein unglaublich großer Spielplatz.”
Um Papier herzustellen, verwendet er Dusch- und Kochwasser, das er aus seinem täglichen Leben sammelt. Breidenbach produziert nach eigenen Angaben mit seiner Papierkunst nahezu keinen Abfall. Dazu trägt ein weiterer Vorteil von Papier bei: Es ist leicht zu transportieren und kommt ohne Verpackungsmaterial aus.
Die Klimabilanz des Landesmuseums Wiesbaden wird berechnet

Auch das Hessische Landesmuseum für Kunst und Natur in Wiesbaden stellte fest, dass beim Transport und Verpacken von Kunstwerken und Exponaten viel CO2 entsteht. Im Rahmen eines im vergangenen Jahr vom Land Hessen durchgeführten Pilotprojekts wurde dessen Ökobilanz durch ein externes Unternehmen ermittelt.
Direktor Andreas Henning sagt, der Detaillierungsgrad sei zu tief für ein Museum. So wurden beispielsweise die Transportkilometer der geliehenen Ware geschätzt, die Papiere auf den Druckbögen geprüft und die Anwesenheit der Mitarbeiter erfasst. Das bedeutet für alle Mitarbeiter mehrere Monate Mehrarbeit. „Aber wir fühlen uns mit der Natur verbunden“, sagt Henning. Die Natur steckt schließlich schon im Titel.
Klimaanlage und Verkehr als größte CO2-Sünden
Der CO2-Fußabdruck des Museums ist online sehen. Ergebnis: 2019 wurden 588 Tonnen CO2 und 2020 735 Tonnen CO2 produziert. Ein Element fällt bei der Bewertung besonders auf: die Klimatisierung. Es macht fast die Hälfte des CO2-Fußabdrucks aus. „Das Museum braucht ein nachhaltiges Klima, um unsere Werke an kommende Generationen weitergeben zu können“, erklärt Direktor Henning. Daher ist es unmöglich, die Klimaanlage einfach auszuschalten. Dem soll jedoch durch den Bau neuer Fenster und einer Photovoltaikanlage im Ausstellungsbereich entgegengewirkt werden.
Was ihn und die Mitarbeiter überraschte, war der Anteil der Exponate unterm Strich. Leihgaben kamen per Flugzeug oder Lkw zurück nach Wiesbaden und an ausleihende Museen aus aller Welt. Um den errechneten CO2-Verbrauch des Museums zu reduzieren, unterstützt das Land Hessen im Rahmen des Emissionshandels ein Windenergieprojekt in Costa Rica. Laut TÜV Nord verdient es das Prädikat „klimaneutral“.
„Materialien für alle“ vermittelt Materialien

Rahmen, Sockel, Styroporplatten – und die vier riesigen Fake-Furs, die letzten Sommer als Teil des Moondog-Kunstwerks in Document Fifteen zu sehen waren: Allerlei Materialien lagern im Lager von Felix Grosse-Lohmann in Frankfurt-Seckbach.
Die Kuratorin und Künstlerin möchte den Materialien der Kunst- und Kulturindustrie ein zweites Leben geben und hat das Projekt „Materials for All“ (MfA) gegründet. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, dass Materialien, die im Kulturbereich nicht verwendet werden, nicht zu Abfall werden. Nach dem Ende der Ausstellungen landeten die meisten Stoffe hier.
Ein Gewinn für Museen – und die Umwelt
In diesen fast neuen Materialien sind Energie und Arbeit miteinander verbunden. “Je länger wir sie lagern und verwenden, desto grüner sind wir.” Es entstand, während er über die MfA las, in Museen und Galerien arbeitete und mit eigenen Augen sah, wie beim Abbau der Exponate hochwertige Rohstoffe in die Container geworfen wurden. „Und gleichzeitig suchten meine Mitschüler genau diese Materialien“, sagt Grosse-Lohmann.
Sein Projekt findet in der Frankfurter Kulturszene großen Anklang. Die Schirn und das Historische Museum in Frankfurt hatten ihm bereits Material zur Verfügung gestellt, auch Stadel hatte nachgefragt. Neben der Umweltfreundlichkeit haben sie laut Große-Lohmann noch einen weiteren Vorteil: Sie sparen Entsorgungskosten. Die Materialien werden dann zum halben Preis weiterverkauft und somit wieder in Umlauf gebracht.
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