Riesiger Kohlenstoffspeicher am Kipppunkt? – wissenschaft.de

Riesige Torfmoore im afrikanischen Kongobecken binden und speichern noch immer Unmengen an atmosphärischem Kohlenstoff – doch das könnte sich mit dem Klimawandel ändern, warnt eine Studie: Wissenschaftler konnten zeigen, dass vor etwa 5.000 bis 2.000 Jahren das trockene Klima im zentralen Kongobecken herrschte führte dazu, dass sich der Torf auflöste und Kohlenstoff freisetzte. Die heutige Erwärmung droht nun, den Moorkomplex erneut auszutrocknen und möglicherweise die Geschichte zu wiederholen. Wissenschaftlern zufolge würde sich das Kongobecken von einer Kohlenstoffsenke zu einer Quelle von Treibhausgasen entwickeln.

Sie gelten als die größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher der Erde: Die von Pflanzen in Mooren gebildete Biomasse wird kaum abgebaut, sondern in Form von Torf abgelagert. Dadurch wird der der Atmosphäre entzogene Kohlenstoff langfristig gebunden. Das gilt aber nur, solange der Torf mit Wasser bedeckt und damit sauerstoffarm ist. Andererseits beginnen Mikroorganismen beim Trocknen, die organische Substanz abzubauen, wodurch das Treibhausgas Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt wird. Im Rahmen der Klimaschutzbemühungen kommt dem Schutz und der Erforschung von Mooren daher eine große Bedeutung zu.

Dabei konzentriert sich das internationale Forschungsteam nun auf das Kongobecken, eines der größten Flusssysteme der Welt. Ein großer Teil davon sind tropische Wälder, aber das zentrale Becken, die sogenannte Cuvette, wird von Sumpfwäldern dominiert. Frühere Studien ergaben durch die Analyse von Satellitenbildern, dass sich dort der weltweit größte Komplex tropischer Moore befindet. Es erstreckt sich über 167.600 Quadratkilometer, das ist mehr als das Vierfache der Fläche Baden-Württembergs. Schätzungen zufolge könnten dort etwa 30 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert werden – etwa 28 Prozent des tropischen Torfkohlenstoffvorrats der Erde.

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Ein riesiger Kohlevorrat macht sich bemerkbar

„Über die Entstehung und Geschichte dieses Moores und damit auch über die Kohlenstoffdynamik ist fast nichts bekannt. Dieses Verständnis ist jedoch wichtig, um die Anfälligkeit dieses Ökosystems für den Klimawandel zu bestimmen und Informationen darüber zu liefern, wie sich Entwaldung, Ölförderung und Landwirtschaft darauf auswirken“, sagt Co-Autor Enno Schefuss vom MARUM Zentrum für Marine Umweltwissenschaften in Bremen Für die Studie entnahmen die Forscher Torfproben aus dem Untergrund entlegener Sumpfwälder, die durch Datierung und Analyse der Pflanzenreste Rückschlüsse auf den Beginn der Schichtbildung und die Entwicklung der Torfablagerung in den letzten Jahrtausenden zulassen .Durch Isotopenanalysen und die Untersuchung von im Torf konservierten Blattwachsen erhielten die Forscher auch Informationen über die Niederschlagsmenge während der jeweiligen Lebensdauer der Pflanzen.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Anhäufung von Torf vor mindestens 17.500 Jahren begann. Wie sich jedoch herausstellte, ist dies bis heute nicht konsequent vorangeschritten: Zwischen 7.500 und 2.000 Jahren bildeten sich fast keine Torfschichten, stattdessen verrottete sogar noch älteres Material, so die Analysen. „Die Fäulnis hat sich also in den Torf gefressen“, sagt Schefuss. Wissenschaftler nennen dies das „Geisterintervall“. Dasselbe Ergebnis wurde an weit voneinander entfernten Probenahmestellen gefunden, was darauf hindeutet, dass das Phänomen zu dieser Zeit das gesamte Kongobecken betraf.

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Dürre führte zu „Geisterintervall“

Der Grund schlägt sich den Forschern zufolge in der Untersuchung von Pflanzenresten nieder: „Die Proben zeigen, wie Niederschläge und Vegetation zur Zeit der Torfbildung aussahen. Zusammen zeichnen sie ein Bild eines trockenen Klimas“, sagt Hauptautor Yannick Garcin von der Universität Aix-Marseille. Die detaillierten Ergebnisse zeigten, dass während des Geisterintervalls der jährliche Niederschlag etwa einen Meter weniger war als zuvor. Erst vor 2000 Jahren stabilisierte sich die Situation wieder. „Diese Dürre führte zu einem enormen Torfverlust, mindestens zwei Meter. Dies machte das Moor zu einer riesigen Kohlenstoffquelle, da sich das Material dann zersetzte. Dieser Prozess endete erst mit dem Ende der Dürre, wodurch sich der Torf wieder ansammeln konnte“, erklärt die Wissenschaftlerin.

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Wie die Forscher betonen, herrscht im zentralafrikanischen Moor derzeit ein deutlich trockeneres Klima als in anderen tropischen Mooren. Das bedeutet: Die Situation kann instabil sein: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Torf des tropischen Kongobeckens nahe an einem Wendepunkt von der Kohlenstoffsenke zur Quelle ist, aber auch, dass er widerstandsfähig ist, sich also erholen kann, wenn er sich günstig verändert.“ sagt Schefuss.

Co-Autor Simon Lewis von der University of Leeds folgert: „Unsere Studie warnt daher vor der Vergangenheit: Wenn Moore über eine bestimmte Schwelle hinaus austrocknen, setzen sie riesige Mengen an Kohlenstoff in die Atmosphäre frei und beschleunigen den Klimawandel weiter. Das gibt es bereits.“ Anzeichen dafür, dass die Trockenzeiten im Kongobecken länger werden, aber es ist nicht klar, wie sie sich weiterentwickeln“, sagt der Forscher. „Unsere Ergebnisse haben auch eine Botschaft für die Staats- und Regierungschefs, die sich nächste Woche zu den COP27-Klimagesprächen versammeln. Wenn Treibhausgasemissionen entstehen Torfgebiete im zentralen Kongo zu trocken, Torfgebiete werden zur Klimakrise beitragen, anstatt uns zu schützen”, sagte Lewis.

Quelle: University of Leeds, MARUM – Center for Marine Environmental Sciences, Artikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-022-05389-3

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