
Restaurantbesitzer versuchen, den Stress durch Personalmangel, Inflation und hohe Energiekosten zu reduzieren. Ländliche Unternehmen und Neuankömmlinge haben es besonders schwer.
Bereits jetzt fehlen bundesweit Zehntausende Arbeitskräfte im Gastgewerbe – und der Personalmangel wird sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen.
Laut Branchenverband Dehoga gibt es in Deutschland derzeit rund 50.000 offene Stellen in Restaurants und Cafés, Hotels, Pensionen und anderen Betrieben. „Im Frühjahr wird die Zahl wieder steigen“, sagte der Dehoga-Sprecher. Insgesamt wird aber aufgrund intensiver Bemühungen zur Stärkung der Ausbildung von einer „positiven Entwicklung“ bei der Beschäftigung ausgegangen.
Nachdem viele Beschäftigte während der Corona-Pandemie andere Jobs, etwa im Handel und in der Logistik, gesucht hätten, kehren nun viele zurück, sagte der Sprecher. Im Oktober 2022 liegt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten noch um 3,7 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Die Hoffnungen ruhen auf der geplanten Einwanderungsreform, so die Dehoga-Sprecherin. “Wir brauchen neue rechtliche Möglichkeiten für gezielte Arbeitsmigration aus Drittstaaten.” Insgesamt bietet das Gastgewerbe in Deutschland mehr als eine Million sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze.
Neue Unternehmen haben es manchmal schwer
Wir suchen Fachkräfte und Arbeitskräfte in allen Bereichen – von der Vollzeitkraft bis zum Minijobber. Der Wettbewerb um Mitarbeiter ist für kleine und mittelständische Unternehmen im ländlichen Raum besonders schwierig. Aber auch neue Unternehmen haben es manchmal schwer, Personal zu finden und zu halten, wie Madjid Djamegari sagt. Das spürte der Betreiber des Gibson Club Frankfurt und Vorsitzende der Frankfurter Gastronomie-Initiative auch im vor einem halben Jahr eröffneten Restaurant Club Social Mexicano am Frankfurter Eschenheimer Tor. Es gebe eine hohe Fluktuation im Unternehmen, das immer auf Zeitarbeitskräfte angewiesen sei und sich sehr anstrengen müsse, um ein passendes Team zusammenzustellen, sagte Djamegari. Mitbewerber machen ähnliche Erfahrungen – teilweise geben sie ihr gesamtes Marketingbudget für die Rekrutierung von Personal aus.
Der Personalmangel wird durch den höheren Krankenstand im Winter verschärft. Infolgedessen können einige Betriebe nur an drei oder vier Tagen in der Woche öffnen und müssen die Anzahl der Reservierungen begrenzen, was wiederum den Umsatz drückt und die Schwierigkeiten erhöht. Den Bewerbermangel in der Branche führte Djamegari auch auf die veränderten Ansprüche und Vorstellungen junger Menschen zurück. „Work-Life-Balance ist ein großes Thema“, sagt der Gastronom. Selbstverwirklichung steht hoch im Kurs – deshalb ist die arbeitsintensive Gastronomie, in der man auch viel Verantwortung übernehmen muss, gerade für junge Leute wenig attraktiv. Diese Probleme sind nicht neu, haben aber durch die Corona-Pandemie zugenommen.
Besonders talentierte Servicekräfte hätten gute Verdienstmöglichkeiten, sagte Djamegari. Bewerbern geht es nicht nur ums Geld – auch flexiblere Arbeitszeiten mit Freizeit am Wochenende sind für viele ein Thema, einige Restaurants reagieren darauf mit passenden Angeboten. Allerdings finden nicht alle genügend Mitarbeiter, wie das Restaurant in Wiesbaden, das nach einer Renovierung während der Pandemie nicht wiedereröffnen konnte – weil es nicht genügend Arbeitskräfte gebe, wie Djamegari sagte. Hinzu kommt derzeit noch eine hohe Belastung durch Inflation und hohe Energiekosten. Dies ist nur durch Professionalisierung und Optimierung von Prozessen zu bewältigen, sodass Unternehmen und größere Ketten heute besser aufgestellt sind.
Allerdings kämpfen auch die im Systemverband der Bundesgastronomie organisierten Betriebe mit Personalengpässen und Arbeitskräftemangel. Der Verbandssprecher erklärte, dass in den vergangenen Jahren erheblich investiert worden sei, etwa in die Modernisierung von Restaurants, Digitalisierung und innovative Produkte und nicht zuletzt in Personal. Obwohl die vergangenen Jahre gezeigt haben, wie schnell sich Rahmenbedingungen ändern können, sind wir für das laufende Jahr vorsichtig optimistisch.
Die Bezahlung liegt oft knapp über dem Mindestlohn
Union Food, Enjoyment and Restaurants (NGG) ist weniger zuversichtlich in Bezug auf das Gastgewerbe als Ganzes. Dreh- und Angelpunkt bei der Personalgewinnung sei das Gehalt, das oft knapp über dem Mindestlohn liege, sagte NGG-Vorsitzender Guido Zeitler. Eine Mitgliederbefragung der Gewerkschaft, an der sich kürzlich vor allem langjährige Beschäftigte der Branche beteiligten, ergab, dass rund ein Drittel von ihnen keine langfristige Perspektive im Job sieht.
Junge Menschen, die keine eigenen Familien haben, können möglicherweise mit Arbeitszeiten von bis zu zehn Stunden und mehr in den Abend hinein und mit Schichtarbeit fertig werden. Doch zuletzt, als Mitarbeiter Kinder bekamen, wurde es schwierig. Langfristig sieht Zeitler einen größeren Personalmangel in der Branche – gepaart mit kürzeren Öffnungszeiten, mehr Ruhetagen und eingeschränkten Bestellmöglichkeiten. Es gibt nur andere Arbeitnehmer, die ein besseres Einkommen haben. 3000 Euro brutto im Monat sollen für Facharbeiter künftig das Minimum sein. Die Branche brauche einen “echten Neustart”, sagte Zeitler. (dpa)