
Klein, aber mächtig: Eine in einem Aquarium entdeckte Grünalge entpuppte sich als die kleinste Süßwasseralge der Welt. Die etwa einen Mikrometer großen Zellen enthalten nur ein Mitochondrium und einen Chloroplasten – allein das ist für Pflanzen ungewöhnlich. Zudem ist die DNA dieser Alge nur 15,8 Millionen Basenpaare lang und damit kürzer als jede bisher bekannte Süßwasseralge. Dennoch betreiben die als Medakamo hakoo bekannten Mikroalgen eine effiziente Photosynthese.
In Ozeanen, Seen und Flüssen vorkommende Mikroalgen bilden die Grundlage aquatischer Nahrungsketten: Ihre Photosynthese produziert einen Großteil der organischen Nahrung für unzählige andere Organismen, und ihre Sauerstoffproduktion ist auch wichtig für den Gashaushalt von Gewässern, Meeren und Gewässern. Atmosphäre. Auch Mikroalgen gelten als potenzielle Helfer gegen den Klimawandel, denn sie können zum Beispiel Kohlendioxid aus Abgasen aufnehmen. Trotz dieser wichtigen Rolle sind bisher weniger als ein Drittel aller Mikroalgenarten bekannt und beschrieben worden.

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Ein überraschender Fund im heimischen Aquarium
Shoichi Kato von der Universität Tokio und seine Kollegen haben nun eine ganz besondere Art dieser winzigen Bioaktoren entdeckt – an einem unerwarteten Ort. Denn die neue Art versteckte sich nicht am Meer oder in einem schwer zugänglichen Bergsee, sondern in einem ganz gewöhnlichen heimischen Aquarium. Für die Studie nahmen die Forscher Wasserproben aus diesem Aquarium und kultivierten alle darin gefundenen Algen.
Schon bei ersten fluoreszenzmikroskopischen Untersuchungen stellte sich eine Mikroalge als besonders klein und mit wenig DNA heraus. Ihre Zellen waren kaum einen Mikrometer groß. „Dann haben wir die DNA dieser Algenart sequenziert und mit dem Genom anderer Mikroalgen verglichen“, erklärt Katos Kollege Sachihiro Matsunaga. So stellte sich heraus, dass es sich bei der im Aquarium entdeckten Alge um eine neue, bisher unbekannte Art handelt. Er wurde Medakamo hakoo getauft.
Vereinfachte Zellstruktur und kleinstes Genom
Aber noch spannender: Diese Alge ist in vielerlei Hinsicht rekordverdächtig. „Medakamo hakoo enthält nur ein Mitochondrium für die Energiegewinnung und einen Chloroplasten für die Photosynthese“, berichtet Matsunaga. Im Gegensatz dazu enthalten normale Pflanzenzellen normalerweise mehrere Zellkraftwerke und Chloroplasten. „Das zeigt, dass es sich um Mikroalgen mit einer extrem einfachen Zellstruktur handelt“, sagt Matsunaga.
Andererseits ist das Genom dieser Mikroalge sehr klein und einfach, wie eine DNA-Analyse ergab. „Das Medakamo-Hakoo-Genom ist 15,8 Megabasenpaare lang und enthält 7.829 Gene“, berichten die Forscher. Diese Mikroalge hat eines der kürzesten Genome aller Grünpflanzen und die kleinste aller Süßwasseralgen. Nur marine Mikroalgen haben ein etwas kürzeres Genom von 12,6 Millionen bp.
Den Analysen zufolge fehlen der Mikroalge Medakamo hakoo unter anderem einige Gene für die Kernhülle und DNA-Histonverpackung. Außerdem fehlen ihm die Bausteine für Phytochrom, ein Molekül, das in den meisten Pflanzen als Lichtsensor verwendet wird.
Mikroalgen sind sehr produktiv
Aber trotz oder gerade wegen dieses äußerst sparsamen Gerätes ist der Kelp äußerst ergiebig. Selbst bei hoher Dichte kann es effizient Photosynthese betreiben, wie Kato und sein Team berichten. Ein Grund dafür ist der einfache, aber stark mit dem Tag-Nacht-Zyklus synchronisierte Zellzyklus. „Das verhindert, dass der photosynthetische Elektronenfluss ins Stocken gerät, da Licht- und Dunkelzyklen effektiv getrennt werden“, erklären die Forscher.
Ein weiterer Grund ist die hohe Toleranz der Algen gegenüber starkem Licht. Sie besitzt ein Gen, das ihr ermöglicht, sich an starke Sonneneinstrahlung und eine entsprechend hohe Photosyntheserate anzupassen. „Dies deutet darauf hin, dass diese Alge einen einzigartigen Anpassungsmechanismus an starkes Licht hat“, schreiben die Forscher. Dies mag auch erklären, warum der Medakamo Hakoo trotz seiner einfachen Struktur so effektiv funktioniert.
Nützlich auch für uns Menschen
Dadurch könnten die neu entdeckten Mikroalgen auch für uns Menschen von Vorteil sein: „Medakamo hakoo kann aufgrund seiner besonderen Eigenschaften und seiner extrem geringen Größe mit hoher Zelldichte gezüchtet werden“, erklärt Matsunaga. „Das ermöglicht zum Beispiel eine günstige Produktion von algenbasierten Lebensmitteln, Biokraftstoffen oder Kosmetika.“ Das Forschungsteam plant bereits, diese Anwendungsmöglichkeiten genauer zu untersuchen.
Gleichzeitig liefern Mikroalgen auch wertvolle Informationen über die Grundfunktion von Pflanzenzellen und die dafür erforderliche Mindestausstattung. „Dank dieser Studie wissen wir jetzt mehr über die minimale Anzahl an Genen, die ein Organismus braucht, um in verschiedenen Umgebungen zu überleben und zu gedeihen“, erklärt Matsunaga. (Kommunikationsbiologie, 2023; doi: 10.1038/s42003-022-04367-9)
Quelle: Universität Tokio